EPIDEMIEGESETZ-REFORM: SICHERHEIT STATT SCHNELLSCHUSS!

Utl.: Bundesverband Selbsthilfe Österreich (BVSHOE) fordert auch in Krisenzeiten sorgfältige Gesetzgebung – schließlich geht es um unsere Gesundheit und unsere Grundrechte.

Bei der von der Regierung geplanten Reform des Epidemiegesetzes fordert der Bundesverband Selbsthilfe Österreich (BVSHOE) ein Begutachtungsverfahren. Patientenorganisationen und deren VertreterInnen müssen als wesentlicher Pfeiler des Gesundheitswesens auch in Krisenzeiten in gesundheitspolitische Entscheidungsfindungen eingebunden werden. Nur so können PatientInnen-Interessen gewahrt werden.

Das Epidemiegesetz ist, wie in der aktuellen Situation ersichtlich, ein essenzielles Werkzeug für den Schutz Österreichs. Aus diesem Grund ist es für die Gesundheit der Bevölkerung und den Schutz der Gesellschaft unerlässlich, ein Begutachtungsverfahren durchzuführen.

Das Epidemie- und die Covid-19 Gesetze stellen teilweise weitgehende Eingriffe in die Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte von Personen dar. In diesen sensiblen Bereichen dürfen keine Zweifel an der Sicherheit und Qualität der Gesetzgebung entstehen, auch wenn manche Bestimmungen zeitlich begrenzt sind. Auch in Krisenzeiten muss eine verfassungskonforme Gesetzgebung oberstes Ziel sein.

Die wesentliche Änderung eines Gesetzes bzw. dessen Kerninhalte ist aus demokratiepolitischer und gesellschaftspolitischer Sicht dann besonders bedenklich, wenn das Gesetz genau zu dem Zeitpunkt geändert wird, wenn dessen Wirksamkeit, insbesondere dessen Schutzfunktion gegenüber der Bevölkerung, zum Tragen kommen soll und muss. Der Schutz der Bevölkerung darf nicht aus wirtschaftlichen Interessen ausgehebelt werden.

Die kommunizierte Haltung der Bundesregierung „Komme was wolle“ und die wesentliche Änderung des Epidemiegesetzes in seinem Kern stehen daher in krassem Widerspruch und führen zu einem gravierenden Nachteil der Bevölkerung, weil damit das Kriterium der Gleichbehandlung unterschiedlicher gleichbetroffener Bevölkerungsgruppen außer Kraft gesetzt werden kann.

Problematisch bei der Reform des Epidemiegesetzes sieht der BVSHOE:

1. Screening
Ein Screening auf SARS CoV-19 kann nur auf freiwilliger Basis erfolgen. Es sind alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen zu treffen, dass die erhobenen Ergebnisse nicht unbefugten Stellen zur Kenntnis gelangen.

2. SARS CoV-19 Tracking/Tracing Apps
Tracking/Tracing Apps sind nur auf freiwilliger Basis anzuwenden. Im Besonderen erachtet der BVSHOE es als unverhältnismäßig, wenn die Anwendung solcher Apps mit anderen, teilweise Grundrechten, wie z. B. dem Datenschutz und der Versammlungsfreiheit gekoppelt werden, siehe auch Punkt 3. Versammlungsfreiheit und Teilnahme an Veranstaltungen. Auch die EU-Kommission kommt in ihrem aktuellen Datenschutzleitfaden für datenschutzkonforme SARS CoV-19 Tracking/Tracing Apps zum Schluss, dass die Nutzung derartiger Apps nur auf freiwilliger Basis akzeptabel sei und ohne nachteilige Folgen sowohl für die Anwender als auch der Nichtanwender sein müsse.

3. Versammlungsfreiheit und Teilnahme an Veranstaltungen
Der BVSHOE erachtet es als unverhältnismäßig, wenn die Anwendung solcher Apps mit anderen, teilweise Grundrechten, wie z. B. der Versammlungsfreiheit gekoppelt werden und somit die Freiwilligkeit in Frage gestellt wird. Des Weiteren spricht sich der BVSHOE dezidiert gegen Maßnahmen, wie eine Koppelung von Tracking/Tracing Apps und der Teilnahme an Veranstaltungen aus. Aus dem derzeit vorliegenden Gesetzestext ist nicht ersichtlich, wie die im Text angesprochenen Gruppen definiert und bekannt gemacht werden bzw. wer dafür zuständig ist. Dieser Punkt scheint in Verbindung mit den Punkten 1. Screening und 2. Tracking/Tracing Apps als verfassungs- und datenschutzbedenklich.

Generell ist die Zusammenfassung von Personen zu Gruppen als besonders sensibel zu handhaben. Es muss sichergestellt sein, dass diese Informationen nur zu dem betroffenen Zweck verwendet und nach dem Erreichen des genannten Zwecks wieder vernichtet werden. Eine Diskriminierung muss ausgeschlossen werden.

4. Covid-19 Register
Einem Covid-19 Register steht der BVSHOE grundsätzlich positiv gegenüber, wenn konkrete Rahmenbedingungen definiert werden. Hierzu gehört unserer Meinung die Implementierung in die vorhandene EMS, IMS und ELGA Infrastruktur, die Beachtung der von der EU vorgegebenen Rahmenbedingungen des ERDRI und dem Zugang zu den anonymisierten Daten nicht nur für AGES und GÖG, sondern auch anderen wissenschaftlichen Einrichtungen. Als Begründung geht der BVSHOE von dem Umstand aus, dass die vorhandenen Datensätze für eine nationale wissenschaftliche Auswertung zu klein sein können.

5. Bescheide per Telefon
Bescheide für eine Quarantäne in Verdachtsfällen telefonisch zu erlassen lehnt der BVSHOE ab. Die damit verbundenen Probleme im Bereich des Datenschutzes und der Grundrechte, mit denen die PatientInnen bereits auf dem derzeitigen Zustellweg (per Post) konfrontiert ist und waren, sind zu schwerwiegend. Die Sicherstellung, dass keine Verwechslung vorliegt, der Anruf tatsächlich von der Behörde kommt, die Identität des Empfängers bekannt ist usw. ist nicht gewährleistet.

6. Nutzung von Ressourcen
Die vorhandenen Ressourcen von Ländern, Bund und Sozialversicherungen (SV) sollen besser genutzt werden. Dies betrifft im Besonderen die elektronische Infrastruktur, welche durch die schon bestehenden SV (eCard …), ELGA (eBefund, eMedikation …) Applikationen vorhanden ist. Zusätzlich ist besonders im Rahmen einer Pandemie der pseudonymisierte Datenaustausch mit anderen EU-Nationen bzw. -Institutionen zu beachten und entsprechende Anbindungen der nationalen IKT Systeme an die EU-Systeme (European Health Data Space) vorzusehen. Voraussetzung dafür sind gesetzeskonforme Auflagen sowie die zweck- und auflagengebundene zeitlich begrenzte Nutzung.

PatientInnen dürfen nicht diskriminiert werden, der Datenschutz muss gewahrt sein! Bei PatientInnen im Arbeitsprozess muss ihr Arbeitsplatz bzw. ihre selbstständige Erwerbstätigkeit gesichert sein.

Rückfragehinweis
Mag.(FH) Sabine Röhrenbacher
Leitung Kommunikation und Büro
Bundesverband Selbsthilfe Österreich
Lambrechtgasse 5/7
1040 Wien
Telefon: 01/392 00 11-13
E-Mail: sabine.roehrenbacher@bvshoe.at
Web: www.bvshoe.at

Presseaussendung

BVSHOE PA Epidemiegesetz Reform
PDF-Dokument / Dateigröße 179 kB

16. COVID-19-Gesetz (484/A)

Parlamentarischer Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das Apothekengesetz geändert werden (16. COVID-19-Gesetz)
Link auf Homepage des Parlaments

KLARE UND EINHEITLICHE DEFINITION VON COVID-19-RISIKOGRUPPEN NOTWENDIG

Bundesverband Selbsthilfe Österreich fordert klare Definition von Covid19-Risikogruppen unter Beiziehung von Patientenorganisationsvertretern als ExpertInnen.

Der Bundesverband Selbsthilfe Österreich (BVSHOE) hält eine klare und einheitliche Definition von Covid19-Risikogruppen als unbedingt erforderlich und fordert die sofortige Etablierung einer Expertenkommission unter Einbeziehung von Patientenorganisationsvertreter (Patientenvertretern).

Zu definieren ist zuallererst, welche Konstitutionen ein erhöhtes Covid-19-Risiko aufweisen und daher als Risikogruppe festgelegt werden müssen, unter anderem müssen zusätzlich zu den von Bundesminister Anschober in den Pressekonferenzen von letzter Woche genannten, auch Menschen mit chronischen Erkrankungen, Krebserkrankungen, Organtransplantationen, Immunsuppression, Immunschwächen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Blutdruckerkrankungen, und viele seltene Erkrankungen uvm bedacht werden.

Der Bundesverband Selbsthilfe Österreich (BVSHOE) unterstützt auch vollinhaltlich die von Pro Rare Austria – Allianz für seltene Erkrankungen dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz übermittelten Informationen bezugnehmend auf seltene Erkrankungen.

Eine klare und eindeutige Definition von Covid19-Risikogruppen ist notwendig, um Unsicherheiten, insbesondere in der Bevölkerung auf allen Seiten zu vermeiden und Unstimmigkeiten zwischen Betroffenen und Entscheidungsträgern vorzubeugen.

Für uns ist es eindeutig, dass Medikationslisten oder die Heranziehung von Abrechnungsdaten nicht ausreichend zur Identifizierung von Covid-19-Risikogruppen sind.

Diskriminierung von Personengruppen, durch Nichtanerkennung einer Konstitution als Covid19-Risikogruppe ist auszuschließen, da dies lebensgefährliche Folgen haben kann.

Ebenso müssen Diskriminierung und Benachteiligung im (Berufs-)Leben der Betroffenen von Vornherein ausgeschlossen werden (erweiterter Kündigungsschutz). Der Datenschutz ist strengstens zu gewährleisten.

 

Informationen zum Bundesverband Selbsthilfe Österreich (BVSHOE) finden Sie auch auf unserer Website.

Rückfragehinweis
Mag.(FH) Sabine Röhrenbacher
Leitung Kommunikation und Büro
Bundesverband Selbsthilfe Österreich
Lambrechtgasse 5/7
1040 Wien
Telefon: 01/392 00 11-13
E-Mail: sabine.roehrenbacher@bvshoe.at
Web: www.bvshoe.at

Presseaussendung

Klare Definition Covid-19-Risikogruppen PDF-Dokument / Dateigröße 156 kB

FREIGABE ALLER NOTWENDIGEN ELGA-DATEN FÜR SARS-COV-2 (CORONAVIRUS) FORSCHUNG

BUNDESVERBAND SELBSTHILFE ÖSTERREICH (BVSHOE) FORDERT UNTER AUFLAGEN FREIGABE ALLER NOTWENDIGEN ELGA-DATEN FÜR SARS-COV-2 (CORONAVIRUS) FORSCHUNG

Utl: Der Bundesverband Selbsthilfe Österreich (BVSHOE) fordert, unter
gesetzeskonformen Auflagen, die schnellstmögliche, vorerst zeitliche begrenzte,
Freigabe aller notwendigen ELGA-Daten und die Ermöglichung von vernetzten Analysen
für die zweckgebundene SARS-CoV-2 (Coronavirus) Forschung.

Im Sinne der Patientinnen und Patienten erachtet der Bundesverband Selbsthilfe
Österreich (BVSHOE) die Möglichkeit der zweck- und auflagengebunden sowie vorerst
zeitlich begrenzen Nutzung aller potenziell relevanten Daten für die SARS-CoV-2
(Coronavirus) Forschung als dringend notwendig, das inkludiert ELGA-Daten in
Verbindung mit zugelassenen Registern, die in Zukunft diesbezüglich als relevant
erachtet werden.

Daher unterstützt der Bundesverband Selbsthilfe Österreich (BVSHOE) grundsätzlich die
Forderung des Sprechers der Patientenanwälte, Dr. Gerald Bachinger, vernetzte Analysen
für die SARS-CoV-2 (Coronavirus) Forschung zu nutzen und fordert darüber hinaus, unter
gesetzeskonformen Auflagen, die schnellstmögliche, vorerst zeitliche begrenzte,
Freigabe aller ELGA-Daten und die Ermöglichung von vernetzen Analysen für die
zweckgebundene SARS-CoV-2 (Coronavirus) Forschung.

Die ELGA e-Medikations-Daten können nur der Anfang für eine umfassende Forschung
sein. Als wesentliche Schlüsselfaktoren in der SARS-CoV-2 (Coronavirus) Forschung
können sich pseudonymisierte Daten zB aus den Spitalsbefunden und den
Abrechnungsdaten aus dem niedergelassenen Bereich erweisen. Am Beispiel
Risikogruppen Krebserkrankungen: Chemotherapien in Spitälern werden in der ELGA e-
Medikation nicht erfasst.

Bedingungen für die Datennutzung und den Einsatz von vernetzen Analysen für die
SARS-CoV-2 (Coronavirus) Forschung:

  • Zweck- und auflagengebunden sowie vorerst zeitlich begrenzt
  • Gesetzeskonforme Verordnung im Rahmen des Forschungsorganisationsgesetz –
    FOG (Datenschutz und Datensicherheit!)
  • Falls notwendig, Verankerung weiterer gesetzlicher Maßnahmen im nächsten
    Covid-19-Gesetzespaket

Für den Bundesverband Selbsthilfe Österreich (BVSHOE), als Dachverband der
österreichweit tätigen themenbezogenen Selbsthilfe- und Patientenorganisationen, gilt
grundsätzlich als oberstes Prinzip der Datenschutz und die Datensicherheit, das heißt, der
Schutz der sensiblen und personenbezogenen Daten der Patientinnen und Patienten
sowie die Gewährleistung der Sicherheit dieser Daten. Im besonderen Fall der Covid-19
Pandemie stellt auch der Bundesverband Selbsthilfe Österreich (BVSHOE) den Schutz von
Menschenleben und das Gemeinwohl über Individualinteressen. Die grundlegenden
Patientenrechte müssen aber beachtet werden. Hier geht der Bundesverband Selbsthilfe
Österreich (BVSHOE) konform mit der Europäischen Kommission und der
Österreichischen Bundesregierung.

Österreich ist insbesondere mit ELGA in Verbindung mit anderen zugelassenen Registern,
dem EMS, dem Epidemiologischen Meldesystem und dem HEMA, die
Heilmittelabrechnung der Sozialversicherung in der international einmaligen Lage zur
lebensrettenden SARS-CoV-2 (Coronavirus) Forschung beitragen zu können und sollte
das auch dringend tun. Für eine weitere Verbesserung der Datenlage erhält die bereits
mehrmals vom Bundesverband Selbsthilfe Österreich (BVSHOE) erhobene Forderung nach einer flächendeckenden Einspeisung der Befunde in ELGA, von niedergelassenen Ärztinnen
und Ärzten, Fachärztinnen und -ärzten uvm, besondere Dringlichkeit.

Diese Forderungen sind nach Ansicht des Bundesverbandes Selbsthilfe Österreich
(BVSHOE) sofort umzusetzen.


Bundesverband Selbsthilfe Österreich (BVSHOE)

Der Bundesverband Selbsthilfe Österreich (BVSHOE) ist der Dachverband der bundesweit
tätigen, themenbezogenen Selbsthilfe- und Patientenorganisationen Österreichs.
Zentrales Anliegen ist der respektvolle Umgang mit Betroffenen, die Mitbestimmung und
Mitwirkung im Gesundheitswesen und ein konstruktiver Dialog auf Augenhöhe. Als
unabhängiger, überparteilicher, überkonfessioneller und nicht gewinnorientierter Verein
bündelt und vertritt der BVSHOE die Anliegen seiner Mitgliedsorganisationen auf
Bundesebene und verleiht Österreichs Patientinnen und Patienten eine starke Stimme im
Gesundheitswesen und in der Politik sowie in Medien, der Öffentlichkeit und der
Gesellschaft.


Rückfragehinweis

Mag.(FH) Sabine Röhrenbacher
Leitung Kommunikation und Büro
Bundesverband Selbsthilfe Österreich (BVSHOE)
Lambrechtgasse 5/7
1040 Wien
Telefon: 01/392 00 11-13
E-Mail: sabine.roehrenbacher@bvshoe.at
Web: www.bvshoe.at

Presseaussendung

BVSHOE PA Datenverwendung SARS-COV-2 Forschung
PDF-Dokument / Dateigröße 242 kB

Presseaussendung des Senionenrats

200401_OTS Seniorenrat
PDF-Dokument / Dateigröße 56 kB

Presseaussendung Patientenanwalt Bachinger

PA Patientenanwalt Bachinger Big Data SARS-COV-2 Forschung
PDF-Dokument / Dateigröße 33 kB

Lehner: Daten können Leben retten

OTS_20200402_OTS0014
PDF-Dokument / Dateigröße 7 kB